Aktuelle Entscheidungen zur Wirksamkeit von Ausschlussfristen
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat in einer Entscheidung vom 09.02.2017 zum Az. 11 Ca 340/16 folgende Entscheidung zur Wirksamkeit von Ausschlussklauseln getroffen:
Regelt eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel den Verfall von Ansprüchen beider Parteien aus dem Arbeitsverhältnis, ohne gleichzeitig ihrem Wortlaut nach Ansprüche wegen vorsätzlicher Schädigung und die Ansprüche auf Zahlung des Mindestlohns ausdrücklich auszunehmen, ist diese Klausel dennoch wirksam. Die Vertragsbestimmung ist dann dahingehend auszulegen, dass diese Ansprüche nicht erfasst sein sollen.
Das Arbeitsgericht Nürnberg stellt dabei Folgendes heraus:
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Insofern ist nach Überzeugung der Kammer davon auszugehen, dass die Parteien in § 10 des Arbeitsvertrages trotz Fehlens einer expliziten Regelung hierzu nicht entgegen gesetzlicher Regelungen eine Vorsatzhaftung des Schädigers ausnehmen wollten. Anhaltspunkte dafür, dies im vorliegenden Fall anders sehen zu müssen, wurden von keiner Partei vorgetragen und sind für die Kammer auch nicht ersichtlich.
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Soweit der Kläger weiter ausführt, dass Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen, so ist dies nach § 305 c Abs. 2 BGB zutreffend. Diese sogenannte Unklarheitenregel stellt bei objektiv mehrdeutigen Klauseln eine Auslegungshilfe dar, wonach in solchen Fällen die Interessen des Verwenders hinter denjenigen der anderen Partei zurücktreten sollen. Auf diese Unklarheitenregel kann jedoch nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben (vgl. BAG vom 14. November 2012 – 5 AZR 107/11 – Rn.19). Derartige Zweifel bei der Auslegung bestehen im vorliegen Fall nicht (vgl. BAG vom 20.06.2013 – 8 AZR 280/12 m.w.N.).
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- Entgegen der Ansicht der Klagepartei hält die erkennende Kammer § 10 des Arbeitsvertrages auch nicht deshalb für unwirksam, weil Ansprüche auf den Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) nicht explizit ausgenommen sind.
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Nach Ansicht der Kammer kommt es im hier zur Entscheidung stehenden Fall jedoch nicht auf die Frage der Bedeutung und der hieraus zu ziehenden rechtlichen Konsequenzen des Wortes „insoweit“ an, weil der hier vorliegende Altvertrag so auszulegen ist, dass Ansprüche auf Mindestlohn nicht erfassen werden sollten.
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Wie bereits oben unter im Rahmen der Vorsatzhaftung dargestellt, sind allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Die Auslegung orientiert sich an dem Maßstab dessen, was die Parteien, hätten sie die Unwirksamkeit der AGB-Klausel erkannt, bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten (vgl. BAG vom 16.12.2009 – 5 AZR 888/08, Rn. 22 bei juris).
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Nach dem Wortlaut von § 10 Arbeitsvertrag enthält die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist keine sachlichen Einschränkungen. Danach fallen – vom Wortlaut her – unter den darin verwendeten Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ alle gesetzlichen, tariflichen und vertraglichen Ansprüche, die die Vertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben, somit auch Ansprüche auf Mindestlohn. Nach Ansicht der erkennenden Kammer ist dabei jedoch zu berücksichtigen, dass die Parteien den Arbeitsvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen haben, als das Mindestlohngesetz noch nicht in Kraft getreten war. Insofern ist – mangels Anhaltspunkten dafür – nicht davon auszugehen, dass sie auch solche Ansprüche der Ausschlussfrist unterwerfen wollten oder dass sie, hätten sie den Vertrag später abgeschlossen, in Kenntnis des Mindestlohngesetzes dennoch eine Ausschlussklausel ohne Ausnahme vereinbart hätten. Daher ist die Ausschlussfrist nach Überzeugung der Kammer so auszulegen, dass Ansprüche auf den Mindestlohn mit der Klausel nicht geregelt werden sollten und dieser damit nicht unterfallen.“